Geburtstag

"Geburtstag, Geburtstag ist einmal Jahr! Geburtstag, Geburtstag ist so wunderbar!"

Das Lied von Detlev Jöcker trifft vielleicht auf viele zu, aber nicht auf mich, wenn meine Tochter Geburtstag hat.

Sie kam zur Welt an einem Wintertag. Zu klein, zu früh, zu viele Komplikationen.

Wenn wir heute feiern, dann macht es mich froh, sie so glücklich zu sehen.

Für mich aber ist es ein schwerer Tag.

Natürlich feiern wir, denn meine Tochter möchte Geschenke haben.

Also viel wichtiger ist das Auspacken und das Freuen. Das Haben, der Besitz und die Dinge, die man damit tun kann, sind meist nur zweitrangig. Deshalb will sie auch immer viele Geschenke. Zum Aufreißen, zum in der Hand halten, zum Raten, was drin sein könnte.

Es ist ein riesengroßer Spaß, ihr dabei zuzusehen. Allein schon die Tage vorher, erleben wir freudig. Wir zählen, wie oft sie noch schlafen muss, bis es endlich so weit ist. Wir überlegen - eigentlich auch schon das ganze Jahr über - wer eingeladen wird. Und natürlich spricht sie Einladungen aus. Jeden, den sie mag und den sie in ihr Herz geschlossen hat, wird eingeladen. "Ich lad dich ein mein Geburtstag." Und damit ist die Sache klar. Dass wir da oft noch bis zum Dezember eines Jahres warten müssen, spielt für sie keine Rolle.

Spaß haben wir auch an der großen Vorfreude. Welches Geschenk bringt die Oma mit?, fragt sie. Groß? Manchmal kann ich es erahnen. Manchmal weiß ich es. Oft einige ich mich mit ihr auf "mittel", denn viele kleine Geschenke bringen Freunde und Verwandte mit und große Geschenke gibt es ja nicht so oft. Aber eigentlich ist es auch egal, denn es geht nur darum, sich darauf zu freuen. Für sie ist es ein wunderbarer Tag - oder er soll es zumindest so sein, dafür sorge ich schon. Klar, an der Gästeliste habe ich ein wenig herum manipuliert. Ich freue mich auch über Menschen, die MIR gut tun. Aber alle freuen sich ja auch mit ihr. Andere junge Frauen feiern ihren Geburtstag völlig anders. Allein, eine fette Party und ganz bestimmt ohne Eltern.

Aber trotzdem glaube ich, dass meine Tochter so zufrieden ist mit ihrem Leben. Sie wirkt total glücklich. Sie braucht oft nicht viel zum Glücklichsein. Andere Menschen haben viel mehr Möglichkeiten als sie und werden niemals nur halbwegs zufrieden sein.

Meine Tochter ist glücklich. Bestimmt 25 Geschenke hat sie ausgepackt. Große, kleine und mittlere! Aber die Freude war bei jedem Geschenk gleich groß. Schmerzlich vermissen wir Freunde, die ganz woanders wohnen; Gleichaltrige, die um die Uhrzeit noch in der Schule sind; frühere Mitbewohner, die nicht mit ihren Betreuern kommen können; eben viele Menschen, die sie lieb gewonnen hat. Aber das ist nicht schlimm. Unwirsch ist meine Tochter nur, weil ein Gast, der sich angekündigt hat, nicht kommt. Aber es geht hier ja nur um das Auspacken des Geschenks. Es wäre ein kleines! ;-) Glücklich und zufrieden geht sie schnell ins Bett. Der Tag war aufregend. Die vielen Geburtstagslieder, die tausend Eindrücke, die verschiedenen Menschen, das alles macht müde.

Ich bleibe zurück. Nachdenklich und traurig. Sie ist glücklich. Das lindert meinen Schmerz nicht über das hinweg, was alles hätte sein können, wenn der Start ins Leben anders gelaufen wäre. Bilder der Erinnerung tauchen vor mir auf. Intensivstation, Aufregung, Fassungslosigkeit, Schock, Schmerz, Ratlosigkeit, Sprachlosigkeit, Hilflosigkeit, Trauer. Die Bilder kommen immer wieder. Mein Schmerz ist groß. Aber meine Tochter hatte einen wunderbaren Geburtstag!

Dieser Beitrag wurde erstellt von: Dada

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