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Nachrichtenarchiv 2017

Fritz ist acht und pieselt in die Hose. Nachts. Tagsüber geht es. Nur bei großer Aufregung passiert es noch. Aber nachts, regelmäßig. Also, braucht Fritz Windeln. Fritz ist ein dünner Schlacks, heute ist er fast zwei Meter groß. Lange kommen wir mit Kinderwindeln aus. Aber mit acht geht das auf einmal nicht mehr. Was tun?

Fritz muss geimpft werden. Fritz hat panische Angst vor Spritzen. Wenn er nervt, sagen seine Geschwister: „Wenn du nicht aufhörst, gehen wir zum Impfen.“ Entsetzen breitet sich auf Fritz Gesicht aus. „Oder zur Ohrspülung“, legen sie nach. Panik. Fritz hatte als ganz Kleiner einen Abszess am Ohr, der ihn für einige Zeit in die Klinik brachte. In der Nachsorge musste in regelmäßigen Abständen das Ohr ambulant ausgespült werden. Ein traumatisches Erlebnis für den kleinen Fritz. Nun also geht es zur Impfung.

Als ich selbst noch klein war, ungefähr 10 Jahre alt und Benni ungefähr 8, waren wir beide einmal zu Besuch bei meinen Großeltern. In Anbetracht der Tatsache, dass meine Großmutter, die zwar der liebste Mensch auf Erden ist, jedoch in einer realitätsfernen Traumwelt lebt und nicht wirklich eine Ahnung davon hatte, wie sie mit meinem Bruder und mir umzugehen hatte, ein durchaus gewagtes Experiment. Das ist oft das Problem. Die allermeisten Menschen können sich nicht vorstellen, was es wirklich bedeutet, dass mein Bruder geistig behindert ist. 

Fritz ist ein Fußball-Fan. Er hat unzählige Trikots verschiedenster Clubs mit den Namen unterschiedlichster Spieler. Da gibt es das Neuer Torwartleibchen, den unvermeidlichen Messi- Barcelona- Dress aber auch solche Raritäten wie ein Schalke-Rakitic-Trikot. Fritz ist gern bei den Siegern.

Leben mit behinderten Menschen ist nicht einfach. Jeder, der in seiner Familie einen Angehörigen mit geistiger Behinderung hat, wird das bestätigen. Und genauso ist das Zusammenleben mit ihnen voll von überraschenden Erkenntnissen, Dingen, die wir von ihnen lernen können und Tatsachen, die wir manchmal nur schwer akzeptieren können.